Plaschken

Plaschken | BERND BUNDULS
Memeller Dampfboot 1960 Nr. 4

Auf der Mitte zwischen Rußstrom und Tilsiter Chaussee, drei Kilometer von der Bahnstation Stonischken entfernt, liegt Plaschken – ein freundliches Dorf, dessen Kirche sich in den ruhigen Wassern der Jäge spiegelt. Es hat sich mit seinen vielleicht dreißig Bauernhöfen gerade auf der Grenze zwischen dem Ackerland und dem Wiesenland des Kreises Pogegen angesiedelt, die Vorteile beider Wirtschaftsformen glücklich vereinend.  Die Plaschker Niederung war einst einer der reichsten Teile des Memellandes. Tausende von Hektaren bester Wiesen breiteten sich von der Jägemündung bei Warrischken bis nach Krakonischken, wo der Willkischker Höhenzug mit dem Rombinus bis an den Memelstrom herantritt. Zahlreiche wohlhabende Dörfer bildeten längs der Stromaue einen lieblichen Kranz, in dessen Mitte wie Inseln des Friedens die schönen Wiesengüter lagen. Plaschken war einst das Tor zu diesem Teil unserer Niederung. Es besaß nicht nur die Kirche für die umliegenden Dörfer und Güter, es hatte auch eine dreiklassige Schule, fünf gutgehende Gastwirtschaften, mehrere Kolonialwarengeschäfte, eine Drogerie, ein Textilgeschäft und eine Käserei.Darüber hinaus gewann Plaschken durch die Vieh- und Pferdemärkte eine besondere Bedeutung als Zentrum der ganzen Umgebung. Von weither stellten sich zu diesen Märkten Händler ein. Sogar in der für die Landwirtschaft so flauen Litauerzeit fanden sich auf den Plaschker Märkten Interessenten aus Tilsit, Königsberg und sogar Berlin ein. Dieses Interesse an den Plaschker Märkten wird verständlich, wenn man weiß, dass die Pferdezucht in derPlaschker Gegend ihre Hochburg hatte. Das Weideland am Strom war ein idealer Tummelplatz für edle Reit- und Gebrauchspferde. Nicht nur auf den Gütern, auch auf manchem schlichten Bauernhof wurde mit viel Liebe und Sachkenntnis das ostpreußische Warmblut gezüchtet. Ähnlich guten Ruf hatte die Rinderzucht. Das Gut Perwallkischken** (Weiß) hatte einen Viehbestand von gut hundert Stück, Pillwarren (Franz) besaß siebzig, Warrischken (Hellwig) sechzig, Schunellen (Beinert) fünfzig. Dazu kamen die Bestände der kleinen Landwirte, die nur an Zahl, nicht aber an Qualität nachstanden. Denn hier hatte jeder Bauer seinen Stolz, nur echtes ostpreußisches Herdbuchvieh im Stall zu haben. Aus der Plaschker Gegend gingen alljährlich Spitzentiere zu den großen Herdbuchauktionen nach Insterburg. Es war selbstverständlich, dass die Kühe im Durchschnitt 20-30 Liter Milch täglich gaben. Kam der Herbst ins Land, so erwachte ein reges Vereinsleben, das Plaschken zu einem kulturellen Mittelpunkt werden ließ. Die Freiwillige Feuerwehr, der Gesangsverein, der Landwirtschaftsverein, der Sportverein – alles konzentrierte sich auf Plaschken. Viele Plaschker werden gern der frohen Gemeinschaft in ihrem Dorf gedenken – an Dampferfahrten auf dem Strom im Sommer, an Feste und Theaterabende im Winter. All das gehört der Vergangenheit an. Mit der Ausreise der letzten deutschen Plaschkener endet eine durch Jahrhunderte gepflegte deutsche Kultur in diesem gesegneten Teil unseres schönen Memelandes.